Start Jazz Streisand Partners-brillant produziert – mehr als nur ein kommerzieller Triumph

Streisand Partners-brillant produziert – mehr als nur ein kommerzieller Triumph

Brillant produziert – mehr als nur ein kommerzieller Triumph

Das musste eines Tages kommen: nach der schon länger andauernden Welle von Duett-CDs bekannter Popstars, konnte Sony sich nicht verkneifen, eben auch ein solches von der noch immer bestverkaufenden Sängerin der USA vorzustellen. Duette in Pop, Jazz und Klassik waren immer beliebt, vieles davon blieb mittelmäßig. In den Fünfziger Jahren hatten Ella Fitzgerald und Louis Armstrong allerdings mit ihren drei Duett-LPs beim Jazzlabel VERVE höchste musikalische Maßstäbe für Duettgesang gesetzt.

Sinatra belebte das Geschäft mit Duetten dann erneut in den Neunziger Jahren: er plusterte das Konzept geschäftstüchtig auf, indem er nicht nur mit einem Duettpartner sang, sondern gleich mit einer Vielzahl populärer Sänger der internationalen Musikszene. Fortan erscheinen unentwegt neue Duett-CDs unterschiedlichster Qualität. Tony Bennett feierte mit diesem Konzept ein jetzt schon seit Jahren andauerndes Comeback. Seine Duettalben sind ganz sicher nicht die schlechtesten. Trotzdem ist unübersehbar, dass diese Vielzahl der Produktionen überwiegend zur gewinnbringenden Masche verkommt – und ich bin wahrlich kein Freund davon.

Um es vorweg zu sagen: Ich ziehe fast alle Streisand-Solo-Alben diesem neuen Duettalbum vor – besonders aber die CDs der letzten Jahre, (etwa seit 2006) von denen sich jede durch erstklassige Qualität und wertvollem Repertoire auszeichnet. Nun bin ich dementgegen etwas in der Zwickmühle, denn ich kann nicht umhin zu erkennen, dass STREISAND PARTNERS mit größter Sorgfalt gut und erfolgreich produziert wurde. Ja, es ist ein aus rein kommerziellen Gründen produziertes Album, aber das schließt gediegene Qualität nicht aus. Einige der bekannten Streisandklassiker erreichen in dieser neuen Produktion sogar eine Gleichwertigkeit mit den Originalen, und tatsächlich gibt es einen Song, der für mich sogar besser als das Original funktioniert. „Uninspiriert“ ist bei dieser aktuellen Streisand-CD gar nichts, und die Routine die im Spiele ist, ist die Routine von Meistern. Ich denke, damit kann man leben.

„What Kind Of Fool“ erreicht mit neuem Arrangement, besonders mit dem fast klassisch anmutendem Intro geradezu eine Veredelung des Songs von 1980. Partner John Legend setzt mit seiner rau-kehligen Stimme zur bitter-süßen Melodie des Songs einen interessanten Kontrast und über Streisands Stimme kann man nur sagen: Hochachtung dafür, wie sie die Noten hält – wie glasklar und fast jugendlich ihre Höhen immer noch klingen – und nicht zuletzt Hochachtung für die unvergleichliche Wärme im Ausdruck, die dieses Album normalerweise „überzuckern“ würde, wäre da nicht Streisands unbestechliche Stilsicherheit, die sie höchstens ab und zu in eine vertretbare Nähe von Gefühligkeit und Kitsch bringt.

Da wäre jetzt das Duett mit Andrea Bocelli zu erwähnen, welches erwartungsgemäß für viele Kritiker ein (allerdings stereotypes) Verriss-Festessen ist. „I Still Can See Your Face“ ist auch für mich ganz klar eine „Killer-Schmalz-Arie“ – aber Gott – welch ein Kaliber !!! Wie wundervoll präsentieren sich hier zwei Prachtstimmen mit zartem, samtenen Vibrato oder schmetternden, vokalen Höhenflügen. Es ist klar: das muss man mögen. Dabei ist positiv zu vermerken: Bei dem Song handelt es sich kompositorisch nicht gerade um eine Allerweltsmelodie, die leicht nach zu trällern ist. ( wie z. B. andere Bocelli Duette). Hier glänzt die Künstlerin in allen Tonlagen mit ihrem vielleicht wundersamsten Schönklang auf der gesamten CD! In den USA-Kritiken wurde übrigens einhellig gerade zu diesem Duett Streisands immer noch große Stimmqualität gelobt, die sie in diesem Song brillant unter Beweis stellt.

Ähnlich, jedoch etwas schlichter gelagert als das Bocelli-Duett ist „Somewhere“ als Duett mit Josh Groban. In der Ausführung aber mindestens ebenso brillant. Das neue Arrangement ist konzertant gehalten. Diese Version überzeugt vor allem in der geschickten, dezenten Anordnung der zwei Stimmen. Die flexible und ausgebildete Stimme Grobans verstärkt noch den Eindruck klassisch- musikalischer Gefilde. „Somewhere“ bleibt hier im ruhigen Duett ein berückend schöner Song, auch wenn die Liveversionen von Streisand eindrucksvoller, geradezu überwältigend klingen .

Selbstverständlich ist alles Geschmackssache – und jeder Fan hat hier sein Favoriten oder andere Songs, die ihm weniger behagen. Das ist ja auch das Schöne am Musikhören, dass jeder etwas anderes empfindet. Stevie Wonder wurde von mehreren Fans kritisiert: zugegebenermaßen ist seine Stimme nicht so gut gealtert ist wie die Streisandstimme. Sein Mundharmonikaspiel jedoch fügt sich wunderschön in diese völlig neu konzipierte Version von „People“ und setzt herrliche, kunstvolle Akzente. Federleicht, mit überraschendem, südamerikanischem Flair schwingt der Song sachte dahin. Einschmeichelnd und betörend singt die Streisand einen Song, den sie hunderte Male gesungen hat, nun in einer völlig anderen Weise, und wie wohl nur sie es kann. Ja – der Song kann auch ohne den üblich hochdramatischen Ausdruck bestehen – dazu muss man nur die letzten Noten des Songs hören..

Das neue Streisand Album überzeugt aber nicht nur mit einer Gangart. Es ist wohl auch die große musikalische Vielfalt und das internationale Potenzial mit der die CD aufwartet, welche das Hören höchst unterhaltsam macht und die der die CD zu ihrem großen Erfolg verhilft. Moderat jazzige Töne werden angeschlagen bei „New York State of Mind “ und besonders bei dem fantastischen „Come Rain Or Come Shine“. Beide Songs sind Highlights, sowohl in den in Arrangements, wie auch vokalistisch. Billy Joel begeistert mit überaus präsenter, blusig-kräftiger Stimme – dass Arrangement ist so vielschichtig-dynamisch, da muss die 72jährige Streisand sich echt ins Zeug legen um mitzuhalten, zumal Billy sehr dominant singt. Aber Barbra kann es noch – allerdings könnte ich mir ein harmonischere Abmischung für diesen Song vorstellen.

Stimmig hingegen ist alles bei „Come Rain Or Come Shine“. So zart und doch spannungsvoll wie Streisand und John Mayer zu Beginn intonieren, so getrieben, ungezügelt und jazzig endet der Titel. Hier zeigt Streisand nochmal Stimmgewalt mit lang gezogenen, stahlharten Noten und John Mayer fasziniert mit seinem funkensprühenden Gitarrenspiel. Grandios!

Überraschend gut gefällt mir das Duett „I’d Want It To Be You“ mit Countrystar Blake Shelton! Melodisch und wohlklingend „“ einfach von harmloser Schönheit ist dieser Titel im gemäßigten Countrytouch! Das ist „Easy Listening“ in bestmöglicher Form, von mir aus sogar „Fahrstuhlmusik“ – die man aber nicht verteufeln muss. Und vielleicht kann man an Hand dieses Songs auch erklären, warum dieses neueste Streisand Album so überaus gut angenommen wird:

Alle Songs sind „leicht“ konsumierbar, leichter und bequemer zu hören als die letzten Streisand CDs, die jedoch qualitativ über jeden Zweifel erhaben sind. Die bekannt dramatischen Gesangsexkursionen der Streisand sind auf „Streisand Partners“ reduzierter und weicher. Außerdem werden sie immer wieder schnell abgelöst von den jeweiligen Duettpartnern. So entsteht niemals Gleichförmigkeit oder gar Monotonie. Mit „Streisand Partners“ wollte man kein innovatives Werk präsentieren – aber ein schönes, leichtes Popalbum mit Sängern die sich – ebenso wie Streisand – nichts mehr beweisen müssen. Herausgekommen ist ein Ear-Candy – vielleicht sogar vergleichbar mit ihrem Welterfolg „Guilty“ von 1980″.

„It Had To Be You“ mit Michal Bublé ist der erste Song der CD und war auch der erste Song, der online in einer Art Workshop-Video vorgestellt wurde. Wenn ein Song von „Streisand Partners“ denn Perfektion erreichte, dann ist es dieses Duett. Ein „Winner“ von A -Z. Hier stimmt einfach alles: der Song, der fantastische Big-Band-Sound, die lässig-angenehme Stimme Bublés, das fein geschliffene Arrangement und natürlich Streisands fantastisches Timing für moderaten, eleganten Swing. Diese Aufnahme schreit nach mehr – nach einem kompletten Swingalbum!

Ausgesprochenes Lob kann ich – ganz meinem persönlichen Geschmack verpflichtet – nicht dem Duett „Evergreen“ und auch nicht dem Duett „The Way We Were“ ausprechen. Wirklich schlecht sind diese neuen Versionen nicht – aber eben auch nicht so gut wie die anderen. „Evergreen“ ist etwas matt geraten, was an der schlappen Stimme von Babyface liegt. Vielleicht war das ja so gewollt. „The Way We Were “ kann mich in dieser neuen Version mit Lionel Ritchie auch nicht wirklich überzeugen. Dagegen steht die Originalversion und auch alle Liveversionen der letzten Jahre so übermächtig und bedeutsam, dass dieses Duett mit Gitarren-Intro und charmanten Melodie-Variationen leider nur eine hübsch klingende, aber eher belanglose Soft-Pop-Alternative ist.

„How Deep Is The Ocean“ sang Barbra mit Sohn Jason bereits letztes Jahr live in Konzerten. Kompositorisch ein anspruchsvoller Standard von Irving Berlin, zu dem „Love Me Tender“ im Vergleich die Einfachheit eines Kinderliedes hat. Sie hätten sich wahrlich ein einfacheres Lied aussuchen können. Das Duett beeindruckt mit trickreichen Vokalarrangement, welches Mutter und Sohn erfolgreich und mit viel Gefühl interpretieren. Zudem hat Jason Gould eine gute Stimme, phrasiert erstaunlich sicher und erinnert mich sogar in manchen Passagen an Georg Michael.

Auch wenn „Love Me Tender“ – rein als Song gesehen – nicht mit kompositorischen oder vokalen Raffinessen dienen kann, gehört dieses Duett mit Elvis Presley trotzdem zu den gelungensten. Da singt Streisand ein glanzvolles, extra neu geschriebenes Intro, was am Ende dieser CD noch einmal eindeutig etwaige Zweifel an ihren gesanglichen Fähigkeiten vollends beseitigt. In dem Moment, wo dann im Duett die Stimme von Elvis ertönt, ist man augenblicklich gefangen. Seine Stimme klingt so nah, so warm, und hat diese individuelle Besonderheit, deren Faszination man sich nicht entziehen kann. Unverwechselbar und unvergesslich.

Mit so einer Stimme überlebt man – und auch Barbra Streisand hat diese besondere Intensität mit dem unerklärlichen Zauber in der Stimme, der seit bald sechzig Jahren anhält. Könnte man in die Albumcharts von 1964 schauen, als Streisand mit „People“ ihre erstes Nummer 1 Album hatte, und wollte überprüfen, welcher Name aus den Charts heute noch bekannt ist, geschweige denn „Relevanz“ im Musikgeschehen hat – wer könnte so wie Barbra Streisand noch bis heute überlebt haben? Nicht viele, da kann wohl niemand widersprechen.

Verletzende Streisandkritiker („die Alte will nur noch mal absahnen“) und auch manch loyale Fans liegen nämlich buchstäblich seit einigen Jahren auf der Lauer nach misslungenen Noten, stimmlichen Mängeln des alternden Superstars. Denn es kann ja gar nicht sein, dass eine so alte Frau immer noch so gut singt! Dabei wird beckmesserisch vorgegangen, und jeder Bruchteil eines Tons überprüft. Nun ja , ihre Stimme ist gealtert, zweifellos. Tonlage und das allgemeine Klangbild wurden etwas dunkler, was den reinen Klang der Stimme sogar weicher, manchmal schöner macht. Die im Fortissimo gesungenen Noten erhalten lediglich beim Ansingen ganz selten eine Winzigkeit von Heiserkeit , aber bitte „“ will man jetzt Frau Streisands Gesang nach den technischen Richtlinien des Operngesangs beurteilen? Fakt ist: ihre Stimme ist großartig gealtert! Allein die streisandsche Intonierungssicherheit ist mit 72 bewunderungswürdig. In diesem Alter wird das unbestechliche Gehör normalerweise schwächer, wodurch eine haargenaue Intonierung immer gefährdet ist. Nicht so bei Streisand. Barbra könnte sogar noch 2014 den Song singen, den sie 1994 bei ihrem großen Bühnen-Comeback sang:

I’M STILL HERE!!!!

Am Rande:

Nachdem das Album etwa zwei Wochen auf dem Markt ist, zeigt sich ein immenser, internationaler Erfolg. USA 1, Australien 1, England + Holland 2, Spanien 4, Österreich 10, Polen 6, usw.

In den deutschen Charts debütierte das Album auf Platz 9 – eine so hohe Platzierung hatte Streisand in Deutschland nicht seit Jahrzehnten. In den USA schreibt die Künstlerin erneut Musikgeschichte: „Streisand Partners“ wurde ihre zehnte Nummer 1 der Billboard Charts. Die Tatsache, dass sie nun in sechs Dekaden (seit 1964 – 2014) mindestens ein Album auf Platz eins hatte, macht sie weltweit zum einzigen Künstler, der einen solchen Rekord aufweisen kann. Keine Sängerin hat mehr Nummer 1 Alben – keine andere Sängerin hat in den USA mehr Alben verkauft. Immerhin gibt es Madonna seid über dreißig Jahren und noch andere Sängerinnen, die gemeinhin für erfolgreicher gehalten werden als „Altstar Streisand“. Sie irren – und an Barbra Streisands unvergleichlicher, extrem langandauernder Karriere ist vor allem dies erfreulich und tröstlich: zu verfolgen, dass sich Qualität durchsetzt und zwar über Jahrzehnte hinweg.

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