Sophisticated Lady- Bettina Pohle und das Ralf Ruh Trio die Cd JUST

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Köln- Was der kurze, vielleicht etwas rätselhaft anmutende CD Titel „Just (b)“ alles beinhalten soll, ist kleingedruckt in vier Punkten – jeweils noch aufgeteilt in „a + b“ – auf der Vorderseite des Booklets zu lesen:

Punkt 4 bekundet als Letztes: „Be the best you can be! Be yourself ! Be happy! Just be“
Mit aber gefällt Punkt 1 in seiner klaren Quintessenz fast noch besser:
„I sing, therefore I am“

Für dieses Bekenntnis steht die am diesjährigen Valentinstag ( 14. Februar 2012) veröffentlichte CD von Bettina Pohle „“ und beim Anhören der Musik lässt man sich gerne von dem Statement überzeugen. Die CD ist Glücksfall in der deutschen Vokal-Jazz-Szene.

 

Es scheint, als fließe Erlebtes, Erlerntes, Erfahrungen, Freudvolles und auch Schmerzvolles aus ihrer beeindruckenden Künstlerbiografie auf subtilste Weise in ihre Interpreationen von Jazzklassikern. Die in Berlin geborene Künstlerin wurde in Klavier, Querflöte und Gesang ausgebildet, studierte Germanistik / Anglistik, bevor sie in die USA ging und dort nach einem Literaturstudium promovierte. Touren und workshops ( z.B. mit Mark Murphy) sowie Ausszeichnungen markieren ihren künstlerischen Werdegang.

Nach zwölfjährigem Aufenthalt in den USA hat Berlin mit Bettina Pohle eine wirkliche „Sophisticated Lady“ zurückerhalten. Nein, diese weltberühmte Duke-Ellington-Komposition ist auf ihrer jüngsten CD nicht enthalten, aber alles, was für „sophisticated“ steht „“ kultiviert, fortgeschritten, feinsinnig, anspruchsvoll, differenziert, elegant – findet sich in Bettina Pohles Gesang wieder, sowohl in den Balladen als auch in Up-Tempo-Songs.

Sehr „up-tempo-mässig“ startet die CD mit einem Schlagzeugwirbel. „You and the night and the music“ kennt man eher im moderaten Tempo – hier swingt es schier galoppierend in Stimme, Klavier, Bass und sehr dynamischen drums. Mit „Blame it on my youth“ hat sich Bettina Pohle eine wunderschöne Komposition aus den Dreißigern ausgesucht. Oscar Levant schrieb diese nicht ganz so populär gewordene Ballade, die aber dennoch von großen Sängern wie Sinatra, Rosemary Clooney, Nancy Wilson bis hin zu Jamie Cullum gesungen wurde. Bettina Pohle trifft mit ihrer warmen Altstimme genau diesen selbstreflektierenden Ton zwischen leiser Wehmut und Lakonie.

Bei anderen Balladen wie „The man I love“ und ihrem eigenen Song „Beneath the midnight moon“
höre ich in der Art ihrer Interpretation neben ihren vokalen Jazz-Attributen ganz deutlich die sogenannte „europäische Zugehörigkeit“ – nämlich eine Nähe zum Chanson. So wie sie eingangs bei „The man I love“ den Worten die Betonung gibt, das könnte man sich ähnlich tatsächlich bei einer Marlene Dietrich vorstellen.

Die berühmte Gershwinkomposition, interpretiert von nahezu allen Jazzvokalisten dieses Planeten, bekommt bei Bettina Pohle eine chansonhafte Färbung. Einerseits vermittelt ihre ausdrucksstarke Stimme sofort die Vorstellung von Intimität und Atmosphäre in einem kleinen, verrauchten Jazzetablissement – aber anderseits hört man auch, dass ihre Stimme nicht „schwarz“ sondern „weiß“ und europäisch klingt.

Das ergibt nicht unbedingt bei allen Songs, aber manchmal eben doch „“ und besonders bei Balladen – eine sehr reizvolle Vermischung von Jazz und Chanson. Beinahe weggewischt wird der Eindruck des „chansonhaften“ in ihrer Intonierung aber augenblicklich bei den schnellen Songs, und besonders dann, wenn Pianist Ralf Ruh mit seinem robusten Spiel loslegt.

Bei „Nature Boy“ einem der musikalisch gelungensten Titel des Albums, kommt noch ein folkloristisch anmutender Akzent hinzu. Stücke, die von so starker Melodik getragen sind wie der durch Nat King Cole berühmt gewordene Song, scheinen wie gemacht für Bettina Pohles Gesang, der imaginäre Bilder in Pastelltönen erscheinen lässt. Nach einem sehr getragenem ersten Teil wechselt der Song zu südamerikanisch-karibisch anmutender Rhythmik.

Einen vokalistischen Höhepunkt hat Bettina Pohle neben „Blame it on my youth“ auch mit „Angel Eyes“. Die ersten eineinhalb Minuten wird die Sängerin sehr wirkungsvoll nur von einem Bass begleitet und durch den minimalistischen Sound wird hier die aparte Klangfarbe und Sensibilität ihrer Stimme besonders hervorgehoben. Man ist gefesselt von der großen Intensität ihres Vortrages, der aber immer ein wohltuendes Gleichgewicht von Emotionalität und Distanziertheit aufweist.

Einzig weniger glückliche Wahl ist der Song „Big Spender“, – er passt nicht zum ambitionierten Repertoire dieser CD und auch nicht besonders gut zu den stilistischen Möglichkeiten der Sängerin. Der Titel benötigt eine gewisse Frivolität, sogar Vulgarität „“ Eigenschaften, die Bettina Pohle in ihrer Version nicht zum Ausdruck bringen kann. Andere, etwa ganz neue Akzente kann sie in dem Song auch nicht vermitteln „“ so hinterlässt dieses Stück keinen großen Eindruck.

Viel besser gelingt ihr das bluesig intonierte „Is you is or is you ain’t my baby?“ bei dem Pianist Ralf Ruh mit seinem Spiel besonders kräftige Akzente setzt. Durchgehend „fingerschnippenden Swing“ zeichnet auch „Bye, bye blackbird“ aus. Mit lässig-unterkühltem Drive und bestem Timing swingt die Sängerin wunderbar im Einklang mit ihrem versiertem Trio.

Ein wahres Fest für die Ohren besorgt neben dem brillanten Klang der gesamten CD nicht zuletzt auch das fantastische Trio ( piano: Ralf Ruh, Lars Gühlcke, bass, Peter Horisberger, drums). Die Musiker glänzen häufig mit Soli und begleiten Bettina Pohle sowohl gefühlvoll wie auch mit dynamischer Kraft. Pianist Ralf Ruh ist immer blendend in seinem Spiel, auch wenn die große musikalische Verwandschaft mit Oscar Peterson „“ besonders bei „Teach me tonight“ – oft gegenwärtig ist.

Das Ralf Ruh Trio setzt zur intimen und authentischen Qualität der Sängerin die jazzigen Akzente und bildet so die perfekte musikalische Liason. Bettina Pohles Jazzgesang überzeugt weniger mit reiner Dynamik als mit fein abgestufter Phrasierungskunst, intelligentem Understatement, dem Verstehen der Lyriks und deren direkten Vermittlung und einer emotionalen Ausdruckstiefe, die sie einzigartig mit ihrer warmen Altstimme transportiert.

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Die JAZZ CD/DVD- und Konzert Rezensionen von Werner Matrisch sind ein besonderes schöne Rubrik. Jazzie traf den Kölner Maler und Künstler Werner Matrisch "Homepage WernerMatrisch" bei einer Vernissage. Wir kamen ins Gespräch und entdeckten, das wir nicht nur eine gemeinsame Leidenschaft, die Malerei haben, sondern auch dem Jazz sehr zugetan sind.