Victoria Tolstoy „“ Pictures of me

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Bravo Frau Tolstoy! Sie können wirklich SINGEN! Heute, 20:00 bis genau 22:00 gaben Victoria Tolstoy mit Pianist Jacob Karlzon, Bassist Hans Andersson und Schlagzeuger Peter Danemo im ausverkauftem Alten Pfandhaus Köln, ein Spitzenkonzert. Durchgehend – ohne Pause – spielten sie ein aufregendes Programm und ernteten nach jedem Titel begeisterten Applaus. Jazzfans, die nicht dabei sein konnten, haben ein eindrucksvolles Konzert verpasst!

Interessant war das Konzert auch deshalb, weil Victoria Tolstoy keine Jazzstandards oder die bewährten Songs des American Songbook sang, sondern Titel, u.a. von Prince, Seal, Stevie Wonder, Paul Simon, und Kompositionen ihrer Bandmitglieder. Und es war nicht Pop, sondern immer Jazz + Funk in Reinkultur. Aus dem Princesong machte sie einen stark groovigen Bossa Nova, bei dem die musikalischen Wellen zischend hoch sprangen. Fetzig. Und längst nicht so brav wie auf ihrem Album „Pictures of me“

Bei Simons „Have a good time“ fast am Ende ihrer ambitionierten Vorstellung, lud Tolstoy das Publikum zum Mitsingen ein. Und damit hatte sie wirklich kein Problem. Gut dreihundert Leute kamen dieser Aufforderung nur zu gerne nach und wiederholten mit Victoria Tolstoy im Duett immer wieder “ Have a good time“. Sie hat sie Alle erreicht mit ihrer Stimme, mit ihrem intensiv- virtuosen Gesang. Aber auch dieser Song klingt auf der CD „Pictures of me“ weitaus harmloser und hat nicht diese ansteckende, emotionale Kraft der Livedarbietung.

Dabei interpretiert sie sehr klug und abwechslungsreich, so dass beim Publikum die aufmerksame Hörbereitschaft niemals abebbt. Behutsam gesungene Zeilen, gerade noch warm, dunkel und klangsinnlich, schwenken unvermittelt ab in höchste Höhen.

Mit großem Stimmaufwand überdehnt sie gerne Noten und zieht sie langsam in einem Bogen bis „wer- weiß- wo- hin“ , um am Ende des Songs dann effektvoll das Mikro von der Mundnähe weg in die Luft zu stoßen, damit sich der Ton, nun leiser werdend verflüchtigt. Tja, man muss es nur können. Und sie kann es. Überhaupt hat Tolstoy vokalistisch gesehen eine blendende Technik. Das sieht man auch deutlich an ihrer Handhabung des Mikros. Bei leisen Stücken liegen ihre Lippen fast auf dem Mikro und der Sound im Saal ist perfekt.

Die Ur-urenklin des berühmten russischen Romanciers Leo Tolstoy verfügt über eine Stimme, deren Klangfarbe überwiegend „hell“ ist. Mal klingt die 34jährige mädchenhaft jung, wenn sie zart singt, aber sobald sie ihre Stimme fordert, ist man überrascht über das plötzliche Volumen. Dann wandelt sich die Stimme grundlegend und bekommt bei musikalischer Steigerung sogar eine bluesige Klangfarbe.

Als Balladensängerin ist Tolstoy nahezu perfekt. Aber ich finde, dass sie modernen Blues besonders gut singt. Vielleicht, weil man es ihr zunächst nicht zutraut. Da steigt sie mit voller Intensität ein und ihr ganzer Körper singt mit, indem sie sich vor-und zurückbeugt, mit den Füssen wippt, oder energisch auftritt, immer ganz synchron zu ihrem Gesang. Sie entwickelt körperlich wie sängerisch eine Expressivität, welche ihr typenmäßig nicht unbedingt anzusehen ist, ( “ kühle nordische Schönheit“ um mal ein Klischee zu bedienen). So ein Engagement kann seine Wirkung nicht verfehlen! Besondern dann nicht, wenn ihr Livegesang qualitativ ein solch hohes Niveau erreicht.

Dabei kann sich die Sängerin voll und ganz auf ihr Trio verlassen. Die Musiker sind blendend aufgelegt. Pianist Jacob Karizon grinst und strahlt beinahe unentwegt über das ganze Gesicht, wirft der Sängerin Blicke zu, die sie noch mehr anfeuern. Da scheint sogar Erotik in der Luft zu liegen, denn Victoria Tolstoy hat durchaus eine sexy Ausstrahlung. Der Pianist, rasierter Kopf, und kräftig gebaut, hat sehr flinke Hände…sie fliegen über die Tastatur, und hinterlassen fantastisch perlende Pianoläufe.
Aber manchmal, – immer dann, wenn Victoria zur Hochform auffährt, schlagen seine Finger mit unglaublicher Vehemenz und natürlich nicht ohne technische Meisterschaft auf die Tasten, als gelte es, das Piano zu Brei zu schlagen. Dabei strahlt er in Verzückung ob der Klänge, die er produziert.

Höhepunke des Konzertes waren einerseits die grandiosen Bluesstücke ( überragend die Sealkomposition: „Don“™t make me wait“ !), und andererseits aber auch die Balladen. Besonders eine Komposition des Pianisten. Traumhafte Übereinstimmung von Stimme und Piano. Auch der Bassist hatte gute Laune: Mit ihm als alleinigen Begleiter sang Victoria ein sehr schönes Stück. Aber in seinem Solo streute er plötzlich ein paar falsche Töne ein, solange, bis das wundernde Publikum wagte, zu lachen… Natürlich folgte auch kurz darauf das obligatorische Schlagzeugsolo mit “ durchschlagendem“ Erfolg.

Die Stimmung im Alten Pfandhaus war großartig. Für gänsehauterzeugende Euphorie sorgte auch eine Akustik, die nur mit „excellent!“ zu beschreiben ist! Am Ende gab es „Standing Ovations“ mit stürmischen Applaus. Die Künstler mussten noch dreimal zurück auf die Bühne! Nach einer Ballade war einmal der Applaus besonders heftig. Als er dann leiser wurde, musste ich mich einfach noch mal extra dazu äußern und rief ein laut vernehmliches „Bravo“ in den Raum. Victoria Tolstoy wollte eigentlich mit dem nächsten Titel beginnen, stutze, schaute in meine Richtung und hauchte ins Mikro
“ Thank you “ Lachen allerseits.

Da Victoria Tolstoy nach dem Konzert noch die zahlreich verkauften CDs ( drei verschiedene CDs standen zur Auswahl) signierte, entschloss ich mich spontan, mein erstes Tolstoy Album zu kaufen. „Pictures of me“.

Ich ließ es mir signieren und sagte der Künstlerin “ You was wonderful“ . Sicher war es etwas banal, aber mir fiel nichts anderes oder eleganteres ein, – mein englisch ist nicht so toll. Aber es schien sie zu freuen.
Kleiner Wehrmutstropfen: Das Album ist schön, ich höre es gerade während ich die Rezension schreibe, – aber es vermittelt leider nur ganz schwach die große Intensität und die Power von Victoria Tolstoy, die ich in diesem Konzert verspürt habe. Live klingt ihre Stimme gehaltvoller, intensiver und auch individueller. Die Diskrepanz von CD und Konzert ist erstaunlich.

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Jazzie ist mein Nickname als Schlagzeuger und Jazzmusiker. Das Colozine Köln News Magazin ist mein Blog. Beruflich bin ich Inhaber einer Internetagentur in Köln und Ostfriesland. Hier fröne ich meinen Hobbys. Ich liebe Smooth Jazz und die USA Jazz Musik Szene. Als Main Stream Jazz Fan sehe ich Harmonie, nicht nur in der Musik, als unser aller höchstes Gut an. Jazz-, Pop-, Hardrock- und Bluesmusik hat die Welt verändert und ist für mich unverzichtbar. Grund genug durch die Welt zu surfen und Ausschau nach guten Music Acts und Musikern zu halten. Ich bin Fan des ersten Fußballclub Köln. Weitere Faibles gelten dem Motorsport,Tennis,Squash und Motorrad fahren. Ich bin Honda Freak und lasse mir gerne den Wind um die Nase wehen. Neben Köln, zieht es mich nach Ostfriesland. Denn dort ist das Meer und ein 243 Jahre altes Haus :-) Bei Fragen oder Fehlangaben auf den Colozine Köln News Seiten hier die Kontaktmöglichkeit Jazzie (Reinhold Packeisen) Oder Mail an info@koeln-news.com :-) Tel.+49 170 90 08 08 74