Sürther Aue – Botanische Schatzkammer im Kölner Süden

1997
Umwelt und Artenschutz die Wiederherstellung eines Naturschutzgebietes mit Ansieldung von Eseln
Umwelt und Artenschutz die Wiederherstellung eines Naturschutzgebietes mit Ansieldung von Eseln

Köln – Viele Kölner werden sich kaum noch erinnern an die über zwanzig Jahre währende Auseinandersetzung der Bürger im Kölner Süden mit der Stadt Köln rund um den Ausbau Godorfer Hafen und das Naturschutzgebiet Sürther Auen. Um so wichtiger ist es im Jahre 2023 den Blick in die Aue zu machen, um zu sehen, was dort inzwischen geschehen ist.

Botanische Schatzkammer Sürther Aue

Das BUND-Betreuungsgebiet in der Sürther Aue entpuppt sich immer mehr als botanische Schatzkammer. Allein auf der Fläche, die im letzten Winter durch Abschieben wiederhergestellt worden war und seit April durch die Sürther Eselherde besiedelt wird, konnten bislang 210 Pflanzenarten festgestellt werden. Damit wurde die botanische Vielfalt innerhalb eines halben Jahres ungefähr verzehnfacht – und beinahe täglich kommen neue Arten von ganz allein hinzu!

Die Esel in der Sürther Aue im Hintergrund die Shell Raffinerie in Godorf
Die Esel in der Sürther Aue im Hintergrund die Shell Raffinerie in Godorf

So viel Erfolg macht Freude!

Besonders zwei der 16 neu entdeckten Rote-Liste-Arten stechen heraus: das Eiblättrige Tännelkraut (Kickxia spuria) und der Blaue Gauchheil (Anagallis foemina). Beide Arten sind nicht nur bundesweit gefährdet, sie galten für unsere Großlandschaft bislang auch als ausgestorben!

Nur durch die Naturschutzmaßnahmen der Stadt Köln und des BUND haben sie nun wieder eine Chance bekommen.

Dieses Beispiel zeigt noch einmal eindrücklich, wie wichtig es für den Schutz der biologischen Vielfalt ist, das Potenzial des jeweiligen Standorts zu beachten und gärtnerische Ideen hinten anzustellen. Denn oft können Samen über Jahrzehnte im Boden überdauern und müssen, wie im vorliegenden Fall, durch geeignete Maßnahmen nur wieder „wach geküsst“ werden.

Leider kommt es immer noch reflexartig zu Aussaaten oder Anpflanzungen, die für die lokale Vielfalt der Pflanzen und die auf sie angewiesenen Insekten von Nachteil sind. Samenbomben und Ausgleichsmaßnahmen sind immer gut gemeint, aber zu oft unbedacht und schlecht gemacht!

Auch das sieht man leider in der Sürther Aue. Nach der Wiederherstellung der Rohböden im vergangenen Winter keimte an einer Stelle eine mediterrane Samenmischung aus dem Baumarkt. Grüner Salbei, Graue Meerviole, Nacht-Levkoje und Wegerich-Natternkopf müssen einer fehlgeleiteten „urban gardening“-Aktion entstammen, die ein Mitmensch vor 13 Jahren auf der seinerzeit für den Hafenausbau gerodeten Fläche unternommen hatte. Da kann man nur sagen: kommt zum BUND und lasst euch helfen!

Eiblättriges Tännelkraut und Blauer Gauchheil gelten, ebenso wie die ebenfalls neu entdeckten und bei uns stark gefährdeten Spießblättriges Tännelkraut (Kickxia elatine) und Kleine Wolfsmilch (Euphorbia exigua), als Verbandscharakterarten der Haftdoldengesellschaften, die v.a. von basenreichen Lehmäckern und ihren Brachestadien bekannt waren.

Diesen in Deutschland vom Aussterben bedrohten Lebensraumtyp, welchem die heutige industrialisierte Landwirtschaft keinen Raum mehr lässt, hatte allerdings bisher niemand auf der Rechnung.

Denn die Ackernutzung war vor über 30 Jahren eingestellt worden, ohne dass dieser Lebensraumtyp vorher dokumentiert worden war. Und niemand wusste genau, welche Bodenmaterialien in den letzten 100 Jahren in der Sürther Aue angeschüttet worden waren. Es kann sich dabei jedenfalls nicht allein um Rheinkies aus den Godorfer Hafen-Becken gehandelt haben.

Seit April sind die Esel in der Aue

Seit April ziehen die fünf Contenin- und Provence-Esel gemeinsam grasend und knabbernd ihre Runden durch das Naturschutzgebiet. Besonders Brombeeren, Land-Reitgras und Salweide haben es den Huftieren bisher angetan. Aber auch viele andere Pflanzenarten stehen auf dem langen Speisezettel der zotteligen Vierbeiner.

Besonders Brombeeren, Land-Reitgras und Salweide haben es den Huftieren bisher angetan. Aber auch viele andere Pflanzenarten stehen auf dem langen Speisezettel der zotteligen Vierbeiner.
Besonders Brombeeren, Land-Reitgras und Salweide haben es den Huftieren bisher angetan. Aber auch viele andere Pflanzenarten stehen auf dem langen Speisezettel der zotteligen Vierbeiner.

Sie sollen die Rolle einnehmen, die über viele tausend Jahre, bis zu ihrer Ausrottung durch den Menschen im Mittelalter, Wildpferde in der Rheinaue ausfüllten. Verbiss, Huftritt und Kot, aber auch das zum Komfortverhalten zählende Staubbaden sind natürliche Einflüsse, die in unseren Ökosystemen heute weitgehend fehlen, aber für zahlreiche Nahrungsnetze und damit die biologische Vielfalt von entscheidender Bedeutung sind. Im Naturschutzgebiet der Sürther Aue wird es sie nun wieder geben.

Auch vor diesem Hintergrund hat sich unsere Entscheidung, auf Esel zu setzen, als goldrichtig erwiesen. Denn die Arten der basenreichen Lehmäcker wurden u.a. an Tritt- und Wälzstellen der Esel gefunden.

Wichtig ist ja nur, dass, analog zu Bedingungen in der ursprünglichen Landschaft, immer wieder vegetationsloser Boden entsteht – durch welche dynamischen Einflüsse auch immer.

Ob die Eselbeweidung allein auf Dauer ausreicht, um diese seltenen Pflanzenarten zu fördern, wird sich zeigen. Dies ist Gegenstand unserer fortlaufenden Untersuchungen, die wiederum wesentliche Grundlage unseres Naturschutzmanagements sind.

In jedem Falle bleibt es sehr spannend im BUND-Reservat Sürther Aue.

P.S. Ein besonderes Dankeschön gilt im Nachhinein Bernd Pettelkau von der CDU, der wahrlich in letzter Sekunde gegen seine Partei endlich einlenkte und Henriette Reker, die alle Parteien im Kölner Süden stets ernst nahm und die Bürgerinitiative wirklich verstanden hat.

Über 35 Jahre setzten sich Bürger*innen und Verbände, zusammen geschlossen in der Aktionsgemeinschaft Contra Erweiterung Godorfer Hafen, für den Erhalt des Naturschutzgebiets „Am Godorfer Hafen“, das nur als Sürther Aue bekannt ist, ein – mit Erfolg! Mit dem Ratsbeschluss vom 29. September 2019 wurde die Sürther Aue gerettet, Anfang 2021 wurde das Gebiet an die Stadt Köln zurück übertragen.

 

 

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Jazzie ist mein Nickname als Schlagzeuger und Jazzmusiker. Das Colozine Köln News Magazin ist mein Blog. Beruflich bin ich Inhaber einer Internetagentur in Köln und Ostfriesland. Hier fröne ich meinen Hobbys. Ich liebe Smooth Jazz und die USA Jazz Musik Szene. Als Main Stream Jazz Fan sehe ich Harmonie, nicht nur in der Musik, als unser aller höchstes Gut an. Jazz-, Pop-, Hardrock- und Bluesmusik hat die Welt verändert und ist für mich unverzichtbar. Grund genug durch die Welt zu surfen und Ausschau nach guten Music Acts und Musikern zu halten. Ich bin Fan des ersten Fußballclub Köln. Weitere Faibles gelten dem Motorsport,Tennis,Squash und Motorrad fahren. Ich bin Honda Freak und lasse mir gerne den Wind um die Nase wehen. Neben Köln, zieht es mich nach Ostfriesland. Denn dort ist das Meer und ein 243 Jahre altes Haus :-) Bei Fragen oder Fehlangaben auf den Colozine Köln News Seiten hier die Kontaktmöglichkeit Jazzie (Reinhold Packeisen) Oder Mail an info@koeln-news.com :-) Tel.+49 170 90 08 08 74